Dieser satirische Roman wurde erstmals 1928 veröffentlicht und spielt im England der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts.
Es geht um den eher introvertierten und ernsthaften 20-jährigen Theologiestudenten Paul Pennyfeather, der im 2.
Studienjahr völlig unverschuldet wegen anstößigen Benehmens exmatrikuliert wird.
Erschwerend kommt dann hinzu, dass sein Vormund, ein wohlhabender Rechtsanwalt, ihm aufgrund des Vorwurfs der Universität und der Exmatrikulation künftige finanzielle Unterstützung und weiteres Wohnrecht verwehrt.
Paul, dessen Eltern bereits verstarben, als er noch im Grundschulalter war, bleibt nichts anderes übrig, als sich Arbeit zu suchen. Und die findet er schließlich als Lehrer im ehemaligen Schloss Llanaba Castle, das zu einem Knabeninternat umfunktioniert wurde.
Beim Direktor, bei den Lehrern und auch bei den Schülern kommt er gut an und wird er respektiert.
Der Leser wird im Verlauf der Lektüre mit skurrilen und absurden Begebenheiten konfrontiert, die nüchtern und abgebrüht erzählt werden.
Er bekommt u. a. einen Einblick in die versnobte, selbstbezogene, überdrehte und oberflächliche Welt der Upperclass und begegnet dabei überspitzt gezeichneten Charakteren.
Der Roman liest sich flüssig, ist unterhaltsam und regt abwechselnd zum Schmunzeln oder Kopfschütteln an.
Außerdem wird man immer wieder von bewundernswerten, verspielten, witzigen oder raffinierten Einsprengseln überrascht:
-Bleistiftskizzen des Autors
-ein Gedicht
-ein Satz, der als Überschrift über einem Kapitel begonnen, aber erst über einem späteren Kapitel fortgesetzt wird.
Überragend gefällt mir, dass der Autor die Geschichte in einer Art Kreisform komponiert hat.
Am Anfang ist Paul Theologiestudent im Scone College in Oxford.
Achtung Minimal-Spoiler!!!
Am Ende ist Paul wieder Theologiestudent im Scone College in Oxford. Zwischendurch hat er schlicht und ergreifend einen abenteuerlichen Ausflug in eine andere Welt gemacht. Einen Ausflug, auf dem wir ihn begleitet haben.
„Verfall und Untergang“ ist eine knallharte Abrechnung mit der englischen Gesellschaft Anfang des 20. Jahrhunderts.
Der Adel, der Lehrerberuf, der Beruf des Pfarrers, die Gefängnisse, die Politiker, der englische Snobismus, die moderne Architektur, das Bildungssystem – all das wird vorgeführt und mit bitterbösem Witz auf die Schippe genommen.
Im Vordergrund stehen Satire, Sarkasmus, Zynismus, Überspitzung, Spott, Ironie und schwarzer Humor.
Auf das Innenleben der Protagonisten wird nicht besonders eingegangen. Man erfährt kaum etwas über deren Gedanken und Gefühle.
Da ich diesen Aspekt bei einer Lektüre eindeutig favorisiere, ist dieser Roman kein Highlight für mich.
Es ist aber interessant und bereichernd, ein solches Werk gelesen zu haben.
Für mich war es eine ganz neue Art von Lektüre.
Eine neue Leseerfahrung. Ich möchte sie nicht missen, aber Romane dieser Art werden wohl nie zu meinen liebsten gehören.
Deshalb kann ich unterm Strich sagen:
Es ist ein empfehlenswerter und besonderer Roman, dem für mich jedoch das gewisse Etwas fehlt:
die Nähe und der Kontakt zu den Protagonisten.
4/5⭐️