Ein Versprechen und das Geschenk des Lebens – eindrücklich, berührend und fesselnd. Unbedingt lesen!
Das schmale, schmucke, lachsfarbene Bändchen, ein Hingucker, beginnt mit dem letzten Tag im Leben des alternden Ehepaares Romy und Silas.
Korrektur: Es hätte der letzte Tag der Beiden sein sollen, aber es war nur der letzte für Romy.
Silas überlebte den seit langem geplanten gemeinsamen Suizid.
Völlig ungläubig, verwirrt, verzweifelt und wütend registriert Silas, dass seine langjährige und geliebte Ehefrau Romy kalt und starr neben ihm im Schaukelstuhl auf der Veranda in ihrem Ferienhaus bei den Dünen sitzt.
Im Versuch, sich zu sortieren, erinnert Silas sich an ihr Kennenlernen, bei dem „Romeo und Julia“ eine bedeutende Rolle gespielt haben und an ihre gemeinsamen Jahre und wir erfahren, warum die Beiden Hand in Hand aus dem Leben scheiden wollten.
Im weiteren Verlauf wechseln sich Rückblenden, durch die uns die Protagonisten, deren Charakter und Leben nahegebracht werden mit der verstörenden Situation im Hier und Jetzt, in der sich Silas den Kopf darüber zermartert, warum er von dem Barbiturat nicht getötet wurde, ab.
Einerseits werden viele Jahre und andererseits nur wenige Stunden beleuchtet. Erstere in großen Schritten – und trotzdem wunderbar vorstellbar – letztere langsam, ruhig und detailgenau.
Wir erfahren von einer Liebe, die romantisch und euphorisch beginnt, die im Verlauf des Lebens einige Erschütterungen auszuhalten und zu bewältigen hat, bei der nicht immer alles rund und glatt läuft, die aber trotzdem fortbesteht und andauert.
Ich finde es beeindruckend, wie sich innerhalb von so wenigen Seiten ein ganzes Leben auffächert und entfaltet. Das ist in meinen Augen Kunst. Lu Bonauer braucht keinen Wälzer, um uns Leben, Gedanken und Gefühle dieses Paares nahe zu bringen.
Viele tiefgründige Gedanken und differenzierte Betrachtungen regen zum Nachdenken an.
Der folgende Satz, dem ich zustimme, ließ mich innehalten:
„Das Altern fanden Silas und Romy nicht schlimm. Es brachte ihnen sogar eine gewisse Befriedigung; die neue Ruhe und das Verschwinden gewisser Verlangen empfanden sie auch als Befreiung.“ (S. 95)
Ist das keine wunderbare und inhaltlich zutreffende Formulierung?
Der Autor erzählt uns eine romantische und berührende Liebesgeschichte, er verklärt sie aber nicht und er driftet nie ins Schnulzig-Kitschige ab.
Er erzählt feinfühlig, zart, schlicht, klar und knapp mit einer schönen und poetischen Sprache. Es gibt keine ausufernden Beschreibungen – kein Wort ist zu viel, keines zu wenig – und trotzdem entstehen vor dem geistigen Auge bunte Bilder.
Die Geschichte lässt sich leicht und flüssig lesen.
Wir begegnen dabei Humorvollem wie Traurigem.
Wir begegnen einem Leben wie es tatsächlich sein könnte.
Für mich war „Die Liebenden bei den Dünen“ eine besondere, bemerkenswerte und berührende Liebesgeschichte, die ich gerne weiter empfehle.
5/5⭐️