„Gin – Das Buch“ von Peter Jauch ist ein gigantisches Nachschlagewerk bzw. ein umfassendes Lexikon, das über 2 kg wiegt, über 400 Seiten umfasst, über 500 Fotos beinhaltet und über 300 Gin – Marken und 50 Tonics vorstellt.
Bereits vor dem Aufschlagen und dann beim ersten Durchblättern war ich von den ersten Eindrücken des physischen und inhaltlichen Schwergewichts beeindruckt.
Das gebundene Werk wurde äußerst hochwertig gestaltet. Der matt – schwarze Einband mit dem tast- und fühlbaren runden Muster um den Buchtitel herum sieht sehr edel aus und sorgt für angenehme Haptik.
Das Cover besticht durch Minimalismus und Kontrast. Die Aufschrift von Titel und Autor in leuchtend glänzendem Orange peppt das Ganze auf, das dunkelgrüne Lesebändchen ist sehr praktisch und meines Erachtens ein Muss für auserlesene Bücher. An der Papierqualität wurde erfreulicherweise auch nicht gespart.
Bereichert, aufgelockert und belebt wird das Werk mit Hunderten von gestochen scharfen, ansprechenden, edlen und kunstvoll arrangierten Fotos.
Gleich zu Beginn können wir die Kopie eines Kupferstichs mit der Bezeichnung „Gin Lane“, angefertigt 1750 vom englischen Künstler William Hogarth, bewundern.
Der Künstler hielt in seinem Werk die negativen Auswirkungen des Ginkonsums in einem Elendsviertel fest. Das Original hängt übrigens im Städel Museum in Frankfurt.
Der Schmöker ist in drei große Kapitel aufgeteilt.
Das Kapitel „Erzähltes“ beginnt mit der ausführlichen Definition von Gin, einer wacholderhaltigen Spirituose mit einem Mindestalkoholgehalt von 37,5% vol.
Dann erfahren wir etwas über die verschiedenen Ginarten, wie z. B. London Dry Gin, Plymouth Gin, Navy Strenght Gin…, wobei Herr Jauch zu jeder Art Beispiele anführt.
Dass die Bezeichnung London Dry Gin nichts mit der Stadt London zu tun hat und dass der Navy Strength Gin mindestens 57,1 % vol. hat und sich bestens für klassische Cocktails eignet, ist äußerst interessant.
Die Ausführungen zur Historie und Herstellung, sowie zu den Botanikals gefielen mir besonders gut.
Hier wandern wir durch die Geschichte des Gins, lernen die acht Gin-Gesetzte zur Eindämmung der Droge (!) kennen und erfahren wir Wissenswertes über die Destillation und die Bestandteile neben Wacholder.
Es ist schon erstaunlich, dass in heutigen Rezepturen zwei bis zweiundachzig Botanicals verarbeitet werden!
Orientieren kann man sich an den Leitbotanicals, um nicht den Überblick zu verlieren.
Beeindruckend und schön anzusehen sind hier die appetitlichen Nahaufnahmen und Vergrößerungen von den einzelnen Komponenten.
Dass Eis nicht gleich Eis ist sollte man nicht glauben und spielt für den Otto-Normalverbraucher meines Erachtens auch keine Rolle, wohingegen ich den Ausführungen zum Tonic, einer chininhaltigen Bitter-Limonade, von der es unzählige Varianten gibt, wieder gern gefolgt bin.
1825 gaben englische Offiziere erstmals Sodawasser in ihren Gin, um ihre Anti-Malaria-Medizin darin aufzulösen. Sie haben eine Zitronenschale dazugegeben und der Gin Tonic war geboren.
Jauchs Anmerkung, dass Tonic nicht gleich Tonic ist und nicht jeder Tonic zu jedem Gin passt, werden viele aus ihrer Erfahrung heraus bestätigen können.
In „Erlebtes“ erzählt Peter Jauch von seinen Gin-Reisen und Besuchen in den unterschiedlichen Destillerien in Großbritannien, Deutschland, Österreich und der Schweiz. Auch hier untermalen aussagekräftige schöne Fotos seine Touren.
Dann stellt er uns verschiede Cocktails vor, indem er sie geschmackvoll in Szene setzt. Jedes dieser professionellen Fotos ist eine Inspiration und macht Lust darauf, den Shaker aus dem Regal zu holen.
Ein bisschen bedauerlich finde ich, dass keine Rezepte angegeben sind. Aber das Recherchieren ist meist ein Leichtes, weil der Name des Cocktails unter der Abbildung steht.
Anschließend gibt der Autor interessante Gespräche mit vielen verschiedenen Barkeepern wieder. Überwältigende Fotos von deren Bars machen große Lust darauf, hinzugehen.
Im Abschnitt „Zu Tisch“ stellt Peter Jauch uns einige Restaurants vor und zeigt, welcher Gin zu welchem Essen passt. Das Wasser läuft einem im Mund zusammen, wenn man sich Monkey Tonic zu einem leckeren Salade Niçoise oder Gin Tonic zum Steak mit Pommes oder zum Dessert vorstellt.
Im Abschnitt „Getrunkenes“ werden uns ausführlich und mit erstklassigen Fotos über 300 Ginsorten und 50 Tonics vorgestellt.
Jeder einzelne Gin wird stilvoll in Szene gesetzt sowie mit interessanten Hintergrundinformationen wie Herkunft und Herstellung vorgestellt. Wir erfahren neben Alkoholgehalt, Botanicals und Geschmack auch welche Leitbotanicals den Gin charakterisieren.
Seine Empfehlungen, zu welchem Drink oder Cocktail sich ein bestimmter Gin besonders eignet, sind dabei sehr hilfreich.
Die Tonics werden im Abschnitt Filler aufgeführt. Neben Zuckergehalt, Geschmack und Anwendung gibt er auch hier wieder Infos zu Herkunft und Herstellung.
Seinen motivierender Hinweis „Ihr Gaumen ist einzigartig. Entdecken Sie Ihre eigenen Vorlieben, indem Sie unterschiedliche Tonics verkosten – viel Spaß dabei!“ (S. 394-395) werde ich gern beherzigen.
Das Werk „Gin – Das Buch“ von Peter Jauch ist informativ, hochinteressant, detailliert, umfassend und äußerst stilvoll. Es ist zwar teuer, aber jeden Cent wert und sollte meines Erachtens im Regal eines Gin-Liebhabers nicht fehlen.
Dass Peter Jauch keine Rezepte von Drinks angibt und seine Highlights nicht explizit auflistet, sind kleine Nachteile, über die man hinwegsehen kann.
Ich habe nicht selten gestaunt und mich immer gefreut, wenn ich einen der erwähnten Gins in meiner Bar entdeckt habe.
Das Buch erhielt zurecht Silber beim «Deutschen Kochbuchpreis» und wurde nachvollziehbarerweise beim «Best in the World 2021 Gourmand Award Trinkkultur» nominiert.
„Gin – Das Buch“ ist natürlich kein Buch, das man in einem Rutsch durchliest, sondern eines, zu dem man immer wieder greift, in dem man immer wieder blättert und liest und von dem man sich immer wieder gern inspirieren lässt.
In diesem Sinn: cheers 🥂
5/5⭐️