Der Roman spielt 1981 im Bundesstaat Pennsylvania.
Es geht um die 6-köpfige Familie Gallagher, die im Ort Valley Forge, der sich ca. 35 km von Philadelphia entfernt befindet, lebt.
Es ist der letzte Schultag vor den Sommerferien.
Eine alleinerziehende Mutter und ihre fünf Kinder sind abends im Auto unterwegs.
Die fünf Geschwister stehen im Mittelpunkt der Geschichte, die von Libby, der Mittleren im Bunde, erzählt wird:
Es geht um die fast 18-jährige Marie, den 17-jährigen Thomas, die 15-jährige Libby, die 12-jährige Ellen, und die 7-jährige Beatrice.
Jeder kennt wahrscheinlich aus eigener Erfahrung, was sich auf der Autofahrt abspielt:
Gerangel unter den Kindern.
Streit zwischen der Mutter und Ellen.
Tränen und Aggressionen, dicke Luft.
Aber dann folgt etwas Befremdliches.
Etwas, das so nicht üblich ist, auch wenn wohl viele Eltern den Gedanken kennen, das zu tun…
Die Mutter hält an und Ellen muß aussteigen… sie muss die acht oder neun Kilometer in der Dunkelheit nach Hause laufen.
Um 22.30 Uhr ist Ellen immer noch nicht zu Hause.
Marie und Libby machen sich große Sorgen, v. a. weil Wilson McVay, der die ganze Strecke mit seinem Motorrad abgefahren ist, Ellen nicht gefunden hat.
…und dann taucht sie auf.
Verstört und verletzt.
Ein „blonder Riese mit Haaren bis zum Hintern“ (S. 64) hat sie in seinem schwarzen Camaro mitgenommen. Als er sie unsittlich angefasst hat, ist sie aus seinem Auto gesprungen…
Aus zunächst unerklärlichen Gründen setzt Wilson McVay alles daran, den Übeltäter zu finden und Ellen zu rächen.
…und dann kommt alles ins Rollen…
Una Mannion lässt sich Zeit beim Erzählen, was aber nicht zu Langeweile führt, sondern dazu, dass man das Gefühl hat hautnah dabei zu sein. Man taucht ein in das Leben und den Alltag von Libby und ihrer Familie, erfährt von ihren Erlebnissen, Gedanken und Sorgen.
Die ganze Zeit liegt dabei etwas in der Luft.
Etwas Bedrohliches.
Man hat ständig das Gefühl, dass gleich irgendetwas passiert.
Die Autorin schafft es wunderbar, diese Atmosphäre und einen Einblick in das schwierige Familienleben zu vermitteln.
Man hat das Gefühl, Libby zu begleiten, wenn sie mit ihrer Freundin unterwegs ist oder wenn sie sich mit ihr streitet.
Es ist, als wäre man dabei, wenn Libby mit ihrer Familie zum Essen zu den Amischen geht oder wenn Marie, die älteste Schwester verabschiedet wird, weil sie in Philadelphia ein neues Leben beginnen möchte.
Obwohl der aus Irland stammende Vater schon tot ist, wird er für den Leser zum Leben erweckt, weil Libby viel an ihn denkt.
Wir lernen auch ihn und seine Rolle in der Familie kennen und bekommen ein differenziertes Bild von ihm, obwohl er physisch nicht präsent ist.
Die Autorin fokussiert Monate, in denen sich in der Familie Gallagher ganz viel verändert.
Libby hat das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren, weil ihr Leben aus den Fugen gerät. Sie, die noch um den verstorbenen Vater trauert, verspürt eine Bedrohlichkeit, die von Ellens Missetäter ausgeht und die mit Wilson zu tun hat. Sie gerät in Streit mit ihrer besten Freundin Sage und sie muss den Abschied ihrer großen Schwester verdauen. Ihre Mutter, die einen heimlichen Geliebten hat, erlebt sie dabei nicht als haltgebend und zuverlässig… sie ist eher ein weiterer Unsicherheitsfaktor.
Ich habe diese fesselnde, berührende und unterhaltsame Geschichte, in der sowohl äußere Ereignisse, als auch inneres Erleben und Landschaftsbeschreibungen ihren Raum haben, bis zu ihrem fulminanten und spannenden Finale gerne gelesen.
Dass ich den Roman mit 4 statt mit 5 Sternen bewerte, hängt damit zusammen, dass ich grundsätzlich lieber in die Welt von Erwachsenen, als von Kindern und Jugendlichen eintauche. Reine Geschmacksache also. Stil, Erzählweise und Sprache gefallen mir sehr gut.
4/5⭐️
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