Grimbert, Philippe: Ein Geheimnis

Philippe Grimbert ist ein schmächtiger und kränklicher Junge, der im Paris der Nachkriegszeit aufwächst.

Er ist Einzelkind, oft einsam und träumt sich einen Phantasiebruder herbei, der ihm zu Beginn ihrer Beziehung nicht nur Gesellschaft leistet, sondern auch Trost spendet, wenn er vergeblich auf stolze Blicke seines Vaters hofft oder unter seiner zerbrechlichen Statur und Konstitution leidet.

Über seine Familiengeschichte und die Vergangenheit seiner Eltern bekommt Philippe nur zögerlich spärliche und wenn, dann blumige Informationen.

Die Lücken und Leerstellen füllt Philippe mit seiner Phantasie. Es entsteht das Bild einer idealen Familie mit makelloser und romantischer Vergangenheit.

Aber Philippe ahnt, dass irgendetwas nicht stimmt. Es ist so ein Gefühl, das ihn nicht nur dann beschleicht, wenn er im Blick seines Vaters wieder einmal die Enttäuschung sieht. Die Enttäuschung über seinen Sohn.

Einen Tag nach seinem 15. Geburtstag erfährt Philippe die erschütternde Wahrheit von Louise, einer sehr guten und langjährigen Freundin der Familie. Louise wurde mit den Jahren zu einer lieb gewordenen Vertrauten, die immer ein offenes Ohr für Philippe hat.

Philippe ist ein Anderer, nachdem das Geheimnis gelüftet ist.

Darüber, wie es weitergeht, werde ich kein Wort verlieren, um niemandes Lesevergnügen zu mindern.

Nur so viel: „Ein Geheimnis“ ist ein ergreifendes Werk, das mich auch aufgrund der Tatsache, dass es die Geschichte des Autors und Psychoanalytikers Philippe Grimberg ist, ganz besonders berührte.

Diese zutiefst menschliche und dramatische, Geschichte, in der es vor dem Hintergrund von Gewalt und Gräueltaten u. a. um Einsamkeit, Leidenschaft und Schuld geht, ist gleichermaßen klar, unverschnörkelt und unaufgeregt, wie gefühlvoll und authentisch geschrieben.

Bei aller Not, die einem in dem recht schmalen Bändchen begegnet, wirkt das Gelesene zwar wuchtig, aber nie deprimierend und niederschmetternd, weil etwas Befreiendes und Erlösendes im Erkennen der unverblümten Wahrheit mitschwingt.

Aufgrund der vielen überraschenden und packenden Ereignisse blätterte ich atemlos und gespannt von Seite zu Seite. Selten habe ich ein Buch so rasch gelesen.

Dieses Werk ist eine Bereicherung für mich und meine kleine Bibliothek.

Eine schöne Formulierung möchte ich noch loswerden:

„Der Duft neuer Bücher machte mich trunken“ (S. 53) – Leseratten wissen genau, was gemeint ist, nicht wahr? 😂

Absolute Leseempfehlung!

5/5⭐️

🇫🇷

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